Oberbürgermeister Christoph Traub erneut verpflichtet

Keine „Otto-Normal“-Amtseinsetzung

OB Traub mit Irmgard Beck auf der Bühne.
Ein großer Moment: die erneute Verpflichtung von Oberbürgermeister Christoph Traub durch Stadträtin Irmgard Beck.

FILDERSTADT. Es war zweifellos keine „Otto-Normal“-Amtseinsetzung eines Stadtoberhaupts. Neben Traditionellem wie Verpflichtung, Diensteid, Grußworten und Musikparts beschritt Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub am Montagabend in der FILharmonie ganz neue Wege der Kommunikation – der Vermittlung von „Resonanzen“ (Schwingungen). Der Rathauschef präsentierte dem Publikum seine „Botschaften“ für die kommenden acht Jahre auf seine ganz persönliche Art und Weise – in Reden und Liedern.

Neu, ungewöhnlich, überraschend: Christoph Traub hat im Rahmen des Festakts zu seiner Amtseinsetzung (einer Sondersitzung des Gemeinderats) eine bisher unbekannte Facette seiner Talente und Neigungen gezeigt: Er griff zum Mikrofon – nicht nur um zu reden, sondern auch, um zu singen. Die Verblüffung stand zahlreichen Besucher*innen im Kultur- und Kongresszentrum ins Gesicht geschrieben.

Der alte und neue Oberbürgermeister der zweitgrößten Stadt im Landkreis Esslingen gab sich an jenem Abend vertraut wie überraschend, humorvoll wie nachdenklich, sachlich wie emotional. Ein Leitfaden zog sich durch seine Antrittsrede: „Resonanz“ – ein Modebegriff, der einst der Musikwelt entliehen worden sei und heute oftmals für „zwischenmenschliche Beziehungen und Schwingungen“ stehe. Dabei gehe es auch  m „Menschlichkeit, Humanität, Gefühle und Gemeinsamkeit“. Diese (neudeutsch) „Vibes“ spielten auch im kommunalen Zusammenleben eine wichtige Rolle und lösten – je nach Resonanz – ganz unterschiedliche Reaktionen aus.

„What about us?“

Mit dem Pink-Song „What about us?“ spürte Christoph Traub gemeinsam mit Lara Gözde (Sängerin) und Julian Obst (Pianist) von der Musikschule Filderstadt einer Frage nach, die sich heute immer mehr Menschen stellen. Die Sorge „Was ist mit uns?“ beschäftige Personen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Generationen. Angesichts der vielfältigen aktuellen Herausforderungen und Probleme richtete das Stadtoberhaupt seine Mahnung insbesondere an die Politik, „keine unhaltbaren Versprechungen zu machen, Vertrauen nicht zu verspielen und Verantwortung nicht wegzudelegieren“.

Der Rathauschef betonte, dass es bei einer Amtseinsetzung auch um Kerninhalte der Demokratie gehe. Werte wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde müssten um der Gesellschaft (Gemeinschaft) willen – nicht zum Erhalt der eigenen (politischen) Position – hoch geachtet werden. Demokratie dürfe nicht nur als „etwas Formales“, sondern als schützenswerte Staatsform geachtet werden. Und diese basiere in ihren Grundmauern auf Vertrauen sowie Verlässlichkeit und benötige vor allem Dreierlei: Menschen sowie „mehr denn je Kraft und Mut“.

Statt Egoismus Förderung des Gemeinwohls

Die Gesellschaft habe sich zweifellos verändert, unterstrich Traub. Individualinteressen würden heute oftmals über das Allgemeinwohl gehoben und daher auch mit Nachdruck und Vehemenz vertreten. Diese Vorstellung („völlige Freiheit des Einzelnen“) entspreche jedoch nicht den Werten der demokratischen Grundordnung, die nicht von Egoismus, sondern von der Förderung des Gemeinwohls ausgehe.

Bei allem Verständnis für persönliche Lebensentwürfe und -ziele wünscht sich Christoph Traub aber auch den Blick für Andere – eine Haltung, in der es nicht nur um Selbstoptimierung, sondern um das Gemeinwohl – das große Ganze – gehe. Sein Appell: „Demokratie erfordert Stimmen, Ohren und hörende Herzen. Seien Sie das in unserer Stadt!“ Zum Glück gebe es in Filderstadt viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagierten und damit einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisteten. Auch dies erzeuge Resonanz. Das Stadtoberhaupt: „Deshalb bin ich trotz aller Herausforderungen gerne Oberbürgermeister in unserer Stadt.“

„Amt mit Herzblut erfüllt“

Mit Worten und Liedern („What about us?“ von Pink; „Hier kommt Alex“ in der Fassung von Scala & Kolacny Brothers und „Wenn sie diesen Tango hört“ in der Fassung von Wirtz) übermittelte Christoph Traub seine ganz persönlichen „Botschaften“. Die Amtseinsetzung fand im Rahmen einer Sondersitzung des Gemeinderats statt, die Erster Bürgermeister Falk-Udo Beck (und damit auch den Reigen der Grußworte) eröffnete.

Angesichts der Fülle von Herausforderungen und zu bewältigenden Krisen (Klimaveränderung, Corona, Krieg in Europa, Geflüchtete, Personalnot, Fachkräftemangel,…) blickte Falk-Udo Beck einmal hinter die Kulissen des „nicht so einfachen“ Jobs eines Oberbürgermeisters: „Für diese Position braucht es eine Person mit professioneller Führung der Verwaltung und des Gemeinderats, mit Sachverstand, Kommunikationsfähigkeit, mit Vorbildfunktion für die Gesellschaft.“ Dieses aufgeführte „Stellenprofil“ habe Traub in den letzten acht Jahren „mit überdurchschnittlichem und außerordentlichem Engagement, mit Herzblut und größtmöglichem persönlichen Einsatz sowie spürbarer Freude für unsere Große Kreisstadt und ihre Bürgerinnen und Bürger erfüllt“.

„Ausdauer und Zielstrebigkeit“ gefragt

Zur Wiederwahl beglückwünschte auch Regierungspräsidentin Susanne Bay das Filderstädter Stadtoberhaupt, das als begeisterter Radfahrer bekannt sei. Seine bewiesene „Ausdauer und Zielstrebigkeit“ könne Christoph Traub sehr gut für die Bewältigung seiner vielfältigen Aufgaben gebrauchen. Schon in seiner ersten Amtszeit habe er mit einem „Sprint“ starten müssen. In diesem Zusammenhang erinnerte die Rednerin an die Unterbringung von Geflüchteten sowie die damit verbundene Integrationsarbeit im Jahre 2015. Auch für die zukünftigen Herausforderungen (wie die Gestaltung der Folgen des demografischen Wandels, den Umgang mit der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz, die Transformation wichtiger Schlüsselindustrien, das Gelingen der Energiewende, den zunehmenden Mangel an Fachkräften,…) wünschte Susanne Bay „ein gutes, konstruktives und wertebasiertes Miteinander“ aller Akteur*innen in der Kommune.

„Echter Kümmerer“

Landrat Heinz Eininger nannte den Wahlsieger Traub einen „echten Kümmerer“, der sich mit seiner Stadt identifiziere und dafür sorge, dass „Filderstadt lebens- und liebenswert“ bleibe. In den Mittelpunkt seines Grußworts rückte er die aktuelle „Zeitenwende“ mit allen Herausforderungen (Klima-, Energiekrise, Ukraine-Krieg, Corona,…). Eine davon – die Unterbringung von Geflüchteten – sei für alle Beteiligten „fast nicht mehr zu stemmen“. Das Hilfesystem stoße längst an seine Grenzen. Eininger versicherte, dass der Landkreis und die Kommunen zusammenstünden und betonte: „Die Belegung von Turnhallen ist keine Option!“ Vielmehr müssten „gute und akzeptable Lösungen für alle“ gefunden werden. Er wisse auch um die „Zweifel und Ängste“ der Bevölkerung. Heinz Eininger forderte, dass sich der Bund verstärkt in die Krisenbewältigung einbringen müsse und dass es dringend „europäische Lösungen“ brauche.

„Suchet der Stadt Bestes“

Im Namen des Gemeinderats trat Stefan Hermann ans Mikrofon. Er griff in seiner Rede das Wort des Propheten Jeremia auf: „Suchet der Stadt Bestes“. Dieses Jahrtausende alte Zitat beschreibe, so der Stadtrat, noch heute das Ziel kommunalpolitischen Bemühens – sich als Verwaltungsspitze, Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft gemeinsam für das Gemeinwohl zu engagieren und nach möglichst guten Lösungen für die anstehenden und immer komplexeren Herausforderungen zu suchen. Dabei könne Folgendes nicht angestrebt werden: „Das Beste ist gerade gut genug“. Denn: Zum Wesen der gemeinsamen Suche nach dem Besten gehöre auch, Interessen miteinander auszutauschen und miteinander abzuwägen. Stefan Hermann: „Dies gilt auch im Blick auf eine Balance von ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit.“ Zudem müssten Umsetzungsprozesse dringend beschleunigt werden.

Coach Traub muss taktische Ausrichtung ändern

Zur Verdeutlichung der Aufgaben- und Verantwortungsfülle eines Oberbürgermeisters wandte sich Pfarrer Andreas Arnold (für die örtlichen Kirchengemeinden sowie die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen) an den eingefleischten Fußballfan des VfB Stuttgart Christoph Traub: „Als Filderstädter Coach müssen Sie ein Team formen, die richtigen Spieler einsetzen und diese dazu bringen, gute Leistungen zu erbringen.“ Es werde einen Fanblock geben – aber auch kritische Beobachter, die auf Fehler des Trainers lauerten. Außerdem sei es sicherlich eine nicht ganz leichte Herausforderung für Traub, in seiner zweiten Spielzeit, die taktische Ausrichtung zu ändern. Denn: „Die fetten Jahre sind vorbei.“ Für all‘ diese Aufgaben des Amts wünschte Andreas Arnold dem alten und neuen Verwaltungschef ein „glückliches Händchen“ und Gottes Segen.

Mit den Worten „So wahr mir Gott helfe“ endete auch die Verpflichtungs- und Vereidigungsformel, die Oberbürgermeister Christoph Traub Stadträtin Irmgard Beck nachsprach. Das Veranstaltungsprogramm wurde von musikalischen Beiträgen umrahmt: von den Spielmannszügen der Freiwilligen Feuerwehr Filderstadt (Leitung Hartmut Nies), „FilCanto“, dem Chor der Stadtverwaltung Filderstadt (Leitung Silke Strobel) sowie Aktiven der Musikschule: Lara Gözde, Julian Obst sowie Jules und Felix Richard-Kömen. Erster Bürgermeister Falk-Udo Beck schloss schließlich die Sondersitzung des Gemeinderats: „Der Weg für die kommenden acht Jahre ist bereitet…“ (sk)